Donnerstag, 7. Januar 2010

Die Ü 30 Krankheiten


Wer 30 wird, hat nicht mehr viel zu lachen: In der Mitte des Lebens lauern lauter Beschwerden.     Von Anja Kunz


Mit 30 haben Männer gelernt, die Zahnpastatube zuzudrehen, und Frauen wissen, wofür beim Auto der Rückwärtsgang gedacht ist. Nun, in der Blüte des Lebens, wird eben alles leichter. Denkste! Wer 30 wird, muss den schmerzhaften Spagat zwischen gefühlter Jugend und amtlich eingetragenem Alter meistern. Hinzu kommen Ü-30-Krankheiten, die kein Arzt, sondern die Gesellschaft unter 30 oder über 50 diagnostiziert. Beispiele für schlimme Beschwerden, die die Altersgruppe charakterisieren:


KÜHLSCHRANZ


Kühlschranz (lat.: smeg ma) ist ein hartnäckiger, sich rasant ausbreitender Ausschlag auf Kühlgeräten: Familienfotos, Postkarten, Cartoons, Zeitungsartikel, Magnete aus aller Welt oder mit Smileys, Poetisches, Steuerbescheide. Je oller, desto doller.


LUXUSJAMMERN


Luxusjammern (lat.: royal flappe) ist die Mitteilung von Sorgen auf hohem Niveau. Dass der Flachbildschirm viel zu groß daherkommt, dass die Putzfrau in der letzten Ecke der Abstellkammer nicht richtig gewischt, dass der Japaner nur 24 verschiedene Sushi zubereitet hat.


RACHITIS


Rachitis (lat.: blutwurst) sind die unkontrollierten Gelüste, sich an den Jüngeren zu rächen. Bevorzugte Opfer: 20- bis 25-Jährige mit makelloser Figur, ausschweifendem Nachtleben, hippen Klamotten, mehr Sex und frei von familiären Verpflichtungen. Mit der Rachitis einher geht die Depressivitis (lat.: leberwursta beleidigta).


UNTERTRIEB


Als Folge der Rachitis kann der Untertrieb (lat.: peter panic) gesehen werden. Er ist das verzweifelte Abrunden des eigenen Alters in jedmöglicher Situation. Wer sein Alter „unter 40" angibt ist immer weit über 40. Ernsthaft Sorgen machen muss man sich aber erst um diejenigen (Frauen), die dann auch noch hören möchten, dass sie noch nicht einmal so jung aussehen, wie sie sich zuvor gemacht haben.


FEIERABENDSCHWUND


Der Feierabendschwund (lat.: nine to five to nine) bezeichnet das Zusammenwachsen von Arbeit und Freizeit in ein schwabbeliges Konstrukt. Anfällig für Feierabendschwund werden nur Menschen mit Blackberry oder iPhone, die folgende Wörter im Duden nachschlagen: Zweisamkeit, 35-Stunden-Woche, Verdi.


GRUPPENKOLLER


Der Ü-30er ist nie allein. Bevor er an Einsamkeit verzweifelt, wird er vom Gruppenkoller (lat.: come together) dahingerafft. Dieser kommt aufgrund der wachsenden Zahl sozialer Kontakte zustande: Echte Freunde, Internetfreunde, Freundesfreunde, Ex-Freunde, Freundeskollegen, Kollegenfreunde und die Ex der Freunde von Kollegen (plus deren Nachbarn). Facebook, StudiVZ und MySpace sind nicht als Therapiemöglichkeiten empfohlen.


KINDERWAHN


Kinderwahn (lat.: mon chichi) ist die mit Abstand ansteckendste Krankheit unter den Ü-30-Beschwerden. Wenn"s einen erwischt, kriegen"s alle. Und dazu: verdreckter Kombi, Kaffee-und-Kuchen-Treffen im Park, Urlaub an der Müritz, Kita-Platz-Debatten und Milchzahndosen-Vergleich in großer Runde. Der Zehner-Pack Baby-an-Bord-Aufkleber ersetzt die Visitenkarten im Geldbeutel.

Quelle: Die Rheinpfalz